Zwei Polizistinnen sehen, wie ein Kollege bei einer Schießerei in Gevelsberg im Ruhrgebiet zu Boden geht – und laufen ängstlich davon. Jetzt stehen sie dafür vor Gericht.
Eigentlich erwartet man von Polizistinnen und Polizisten Mumm, Zusammenhalt und starke Nerven – auch angesichts der Gefahr. Andererseits: Wer weiß schon, wie er selbst reagieren würde, wenn ihm plötzlich Kugeln um die Ohren fliegen?
Vorwurf: Polizist ging verletzt zu Boden – Kolleginnen hauten ab
Weil sie im Mai 2020 einen Kollegen, der in einer Schießerei getroffen worden war, im Stich gelassen haben sollen, stehen zwei Polizistinnen ab Dienstag vor Gericht. Die Anklage vor dem Amtsgericht Schwelm lautet auf versuchte Körperverletzung durch Unterlassen. Verhandelt wird im Justizzentrum Hagen.
Die Beamtinnen sind 37 und 32 Jahre alt. Sie sollen damals zufällig mit dem Streifenwagen zu einer aus dem Ruder gelaufenen Verkehrskontrolle in Gevelsberg (Ennepe-Ruhr-Kreis) gestoßen sein. Dabei hatte ein Autofahrer plötzlich wild auf einen Kollegen gefeuert – 21 Mal.
Eine der Kugeln traf den Polizisten trotz seiner Schutzweste. Er ging zu Boden. Statt einzugreifen, sollen die Frauen vom Ort des Geschehens geflohen sein.
Gevelsberg im Mai 2020: Das Fahrzeug des mutmaßlichen Täters steht hinter einem Einsatzfahrzeug der Polizei an einer Kreuzung.
Polizistinnen hatten ausreichend Deckung und Munition
Beiden sei dabei bewusst gewesen, dass sie ihre Kollegen dadurch der Gefahr erheblicher weiterer Verletzungen aussetzten, glauben die Ankläger. Dabei seien sie als Polizistinnen dazu verpflichtet gewesen, Leib und Leben ihrer bedrohten Kollegen zu schützen. Dank schusssicherer Westen, ausreichender Deckung und Munition seien sie dazu eigentlich auch in der Lage gewesen.
Früheren Angaben der Staatsanwaltschaft zufolge hat die jüngere Beamtin zu den Vorwürfen zunächst geschwiegen. Die ältere habe angegeben, sie habe unter Schock gestanden. Als ihre Kollegin ihr zugerufen habe: „Lauf, lauf, lauf!“, sei sie gelaufen. Für den Prozess ist zunächst ein Verhandlungstag vorgesehen. Den beiden Frauen drohen disziplinar- und strafrechtliche Konsequenzen.
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